Oberursel – eins der schlimmsten Lager in Deutschland. Ein halbes Dutzend Mal war ich schon dort, jedes Mal mit Beklemmung hingekommen, mit Beklemmung weggegangen. Ein beschämendes unmenschliches Containerlager im reichsten Landkreis Hessens. Die Landrätin verbietet das Kinderprogramm im Lager: es sei kein geeignetes Zimmer vorhanden. Macht nichts, sage ich, wir können es im großen Innenhof machen. Nein, das ginge nicht. Dann seien die Persönlichkeitsrechte der Flüchtlinge nicht gewährleistet. Das kann ich nicht begreifen. Wer nicht rauswill, kann ja in seinem Zimmer bleiben, entgegne ich und außerdem ist das ein Kinderprogramm, lebensfroh, bunt, zum Lachen. Das sei völlig unsinnig, erwidert sie, es gäbe keine Kinder in Oberursel. Als wir dann nachmittags hinfahren, um das Programm vor der umzäunten Unterkunft stattfinden zu lassen, stellt sich heraus, dass hier zwölf Kinder leben. Eine dreiste Lüge also, liebe Frau Landrätin! Die Flüchtlingshilfegruppen bringen noch weitere Kinder, Erwachsene kommen mit raus, es ist ein wunderschönes kleines Fest und von Persönlichkeitsrechtsverletzungen redet niemand.
Der Konzertabend im Bett steht unter schwierigen Voraussetzungen: es ist sommerlich heiß, die Frankfurter Festivals der Sommerwerft locken Tausende Konzertzuschauer… Immerhin kommen viele Unterstützer, Pro Asyl ist da, ein zuverlässiger und toller Partner all unserer Projekte bisher – das gibt Gelegenheit, sich mal ausführlich auszutauschen. Auch bei Women in Exile sehe ich neue Gesichter und Do gibt mir die frohe Botschaft, dass sich ihre personelle Situation bald ändern und verbessern dürfte.
Heute hatte ich übrigens Gelegenheit, mal wieder auf den Flößen mitzufahren, wenn auch nur einen Teilabschnitt. Endlich! All die Organisationslawinen, die Sabine und ich bewältigen müssen, halten mich von der schönsten Seite des Projekts dauerhaft ab. Aber andererseits ist das ja auch keine Urlaubstour, sondern ein Kampfeinsatz für ein bisschen mehr Menschlichkeit und da hilft alles Jammern nicht. Der Kontrast zwischen den Flößen und der Bankenskyline Frankfurts ist allerdings denkbar groß und ich freue mich darüber. Hier trifft deutlich sichtbar ein sehr kleiner, aber heißblütiger, Wille zur Veränderung auf die starre Kühle der Geldprediger und macht mit einem Blick deutlich: nicht alle folgen den Spiralen von immer mehr Besitz und Bequemlichkeit.