Bei YouTube gibt es einen Mitschnitt des Konzerts in der Kofferfabrik in Fürth. Für alle, die nicht dabei sein konnten zumindest ein kleiner Ersatz.
Bei YouTube gibt es einen Mitschnitt des Konzerts in der Kofferfabrik in Fürth. Für alle, die nicht dabei sein konnten zumindest ein kleiner Ersatz.
Während die Flöße nach Schweinfurt fahren (wo wir am 24.07 spielen werden), machen wir uns auf den Weg nach Aschaffenburg (wo die Flöße am 24.07 ankommen). Verwirrende Terminverschlingung, aber leider nicht anders möglich, da in Schweinfurt heute Honkytonk-Nacht ist und alle Clubs ausgebucht und wir gleichzeitig in Aschaffenburg zu dem schönen „Brüderschaft-der-Völker“-Festival eingeladen wurden. Ein Besuch des Flüchtlingslagers ist in dem Fall nicht sinnvoll, da die Flüchtlinge auf dem Festival sind. Daher zum ersten Mal Zeit, ein wenig durchzuatmen. Die brüllende Hitze treibt uns an den Main, wo wir mit meinen beiden Hunden schwimmen gehen – wir sehen tolle Gruppen aus der ganzen Welt – argentinische Breakdancer, traditionelle türkische Musik, spanische Folklore, britische Rocker… und begrüßen Akram, eine tolle Pianistin aus dem Iran, die seid vier Jahren in einem Flüchtlingsheim in Neuwied lebt. Djamila ist da, Enno (unser Pianist) muß nach England, dafür ist Arne (Saxophon/Flöte/Akkordeon) gekommen, Carolin und Dama finden sich auch ein. Am Abend dann das Konzert – eine große Menschenmenge hat sich vor der Bühne versammelt – tolle Stimmung – leider fallen aufgrund von Überhitzung die Endstufen der Anlage zeitweilig aus, aber wir rocken auch mit der Hälfte der Lautsprecher – nach dem Konzert kommen viele Menschen zu uns, viele Gespräche, Kontakte, viel wohlwollendes Interesse und auch der Spendenhut ist gut gefüllt. Ein guter Abend!
Da alle in Bayreuth geschlafen haben, aber nun in unterschiedliche Richtungen müssen, gibt’s zunächst mal ein großes Wer-fährt-wen-wohin-und-wer-kauft-Sprit-für-die-Boote-Chaos. Aber wir sind ja alle schon verdammte Profis geworden und regeln das nach einundhalb Stunden sehr souverän 😉 Ich erfahre, dass wohl kein Weg daran vorbeiführt, ein Schlauchboot mit 30-PS-Motor zu kaufen, nämlich das gewünschte Beiboot, und sehe nicht nur meinen finanziellen Ruin in greifbarer Nähe, sondern mit Stolz auch, dass ich nun ein Flottenadmiral mit drei Fahrzeugen (aber ohne entsprechenden Führerschein) bin. Gut, dass wir nicht noch ein U-Boot kaufen müssen. Auf der Fahrt nach Bamberg werden die Flöße übrigens nochmal von der Wasserschutzpolizei kontrolliert und Maike bekommt ein Bußgeld, weil sie nicht in Besitz einer gültigen Binnenfunk-Lizenz ist. Wir besuchen derweil das Flüchtlingsheim in Bamberg – und ich hätte es mir ja schon denken können: es ist ein Vorzeigeheim, nicht zu vergleichen mit den anderen heruntergekommenen schlimmen Lagern, die ich im Bamberger Umland schon kennengelernt habe. Klar – Drehgenehmigungen für Dokufilme werden in diesen anderen Heimen sicher nicht erteilt. Aber man kanns ja auch anders sehen: hier ist ein Beispiel, dass man Flüchtlinge auch in sauberen, geräumigen Wohnungen und Zimmern unterbringen kann. Hier empfängt uns eine sehr nette und engagierte Dame von der Flüchtlingsberatung, die Kinder sind schnell zusammengetrommelt, Tamero und Shane begeistern groß und klein mit ihrer sehr unterschiedlichen Kunst, die Stimmung ist super und am Ende kommt noch der Eismann. Derweil nutzen Dama, Bethy und die anderen Flüchtlingsfrauen die Gelegenheit mit den Frauen dort zu sprechen, ihnen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Situation zu sagen und sich zu informieren. Geschichten, die an dieser Stelle natürlich nicht veröffentlicht werden können. Vor dem Konzert besuchen wir noch die Flöße, die in der Innenstadt liegen. Die große Hitze verführt uns alle dazu, in den Main zu springen, das Cateringteam kocht am Mainufer – ein idyllisches Bild. Ein wenig Huckleberry Finn in der braven Bamberger Innenstadt. Was das Konzert angeht, haben wir großes Pech: zeitgleich findet „Bamberg zaubert“ statt, ein riesiges Fest in der Innenstadt mit vielen eintrittsfreien Konzerten von lokal bekannten Bands – so daß sich nur zwei Handvoll Leute im tollen Morphclub einfinden. Wir überlegen hin und her, ob wir das Konzert absagen sollen, aber es wäre das erste abgesagte Strom&Wasser-Konzert in zwölf Jahren, also spielen wir – und spielen lang und es macht Spaß und die Stimmung ist gut, obwohl wir den (hoffentlich) absoluten finanziellen Minusrekord der ganzen Tour einfahren. Die Philosophie von gestern bewährt sich auch heute. Egal, wird schon, liegen ja noch sechs Wochen vor uns.
Der erste Tag, an dem die Teams getrennt reisen. Die Flöße nach Forchheim und wir nach Bayreuth, da es uns im Vorfeld nicht möglich war, in Forchheim Unterstützer für unsere Aktion zu finden. In Bayreuth erwartet uns allerdings auch eine kleine Enttäuschung, da – anders als vereinbart – die örtliche Flüchtlingshilfegruppe keinem der Flüchtlinge Bescheid gegeben hat, dass wir kommen und bei 35 Grad im Schatten natürlich die riesige Unterkunft recht ausgestorben ist. So gehen wir selbst durch das Gebäude, müssen allerdings noch mit dem Betreiber wegen der Drehgenehmigung fürs Filmteam diskutieren, aber die ist von der Regierung Unterfranken abgesegnet, da kann er nichts machen. Schließlich kommen noch Kinder vom Hort dazu, Shane baut seine Puppen auf, Tamero auf seinen Krücken: alle johlen und jubeln. Nur die deutsche Hort-Erzieherin wirkt wie aus dunkelster Vergangenheit hergeholt – ihre Art, die Kinder zu maßregeln, zu beschimpfen und anzuherrschen schockiert uns alle. Am Ende wars ja noch ok – aber irgendwie doch auch eine vergebene Möglichkeit: hätten die Flüchtlingsfamilien von unserem Kommen gewusst, wäre alles sicherlich noch viel schöner geworden. Einmal mehr muß ich feststellen, dass halbherzige Unterstützer fast schlimmer sind als Gegner, weil man sich auf sie verlässt und dann alles zu kurzfristig ist, um die fehlende Unterstützung noch auszugleichen.
Vor dem Konzert im Glashaus gibt’s dann ein beeindruckendes Treffen aller Teams – die Riesengruppe sitzt im Innenhof zusammen, das tolle Cateringteam kocht gemeinsam mit dem Veranstalter. Auf der Bühne singt Fatuma zum ersten Mal in ihrem Leben öffentlich und bekommt einen Riesenapplaus für das übrigens ganz wunderbare somalische Lied. Auch Carolin und Dama und Djamila rocken das tanzfreudige Publikum. Leider intressieren sich von den tausenden Studenten in Bayreuth nur ganze 40 für das Konzert – in dem kleinen Club sieht das dann durch das anwesende Projekt-Team zwar voll aus, aber die 160.- Euro, die sich zuletzt in der Kasse befinden, stimmen einen bei mittlerweile fast 30.000.- Unkosten doch ein wenig nachdenklich. Naja, egal. Wird schon. Liegen ja schließlich noch 6 Wochen vor uns.
Die erste Floßfahrt wird durch langsam freundlich werdendes Wetter begleitet, wenn die Sonne tatsächlich mal schüchtern hinter dem Wolkenvorhang hervorlugt, wird es gleich richtig heiß. Früh morgens nochmal der Besuch der Wasserschutzpolizei, um zu sehen, ob wir die neue Auflagenliste schon abgearbeitet haben, Rücksprache mit dem Amt – erneutes Ok zur Weiterfahrt. Nur leider hat sich die Abfahrt dadurch sehr verzögert und wir kommen nicht rechtzeitig zu dem schönen Empfang von zwei Schulklassen in Erlangen an. Sehr schade. Wenn ich mich nach durchtelefonierten Vormittagen auf ein wenig Entspannung auf dem Floß gefreut haben sollte (aber glücklicherweise bin ich da ja ganz illusionslos), dann wäre spätestens durch Hank Levines Lächeln klar gewesen: nein, mein Junge, jetzt wird gefilmt! Aber es ist nichtsdestotrotz eine spannende Fahrt: ich lerne Carlonin aus Kenia kennen und die kämpferische Fatuma und Napoli, die Frau, die der Räumung des Flüchtlingscamps am Oranienburgerplatz in Berlin dadurch getrotzt hat, dass sie auf einen Baum geklettert und dort tagelang ausgeharrt hat. Irgendwann stimmen die Frauen keniatische und somalische Gesänge an, ich brummel so ein bißchen mit – jetzt fühlt sichs doch fast wie Urlaub an. Aber spätestens bei der Landung geht natürlich alles in Hektik über – das Nachmittagsprogramm wartet und mit dem Nachmittagsprogramm auch die erste Überraschung. Die Clowns von gestern haben einen Artisten mitgebracht, Tameru aus Äthiopien, der auch in einem Fürther Flüchtlingsheim lebt und aus seiner schweren Gehbehinderung eine schier unglaubliche artistische Fertigkeit auf Krücken entwickelt hat. Nicht nur, dass er zwei Weltrekorde im Guinessbuch hält, er breakdanced, steigt Treppen, balanciert auf Rollen und Fässern im Handstand auf den Krücken – so etwas haben wir noch nie gesehen. Dann die magischen Puppen Shanes, dann die tolle Clownin – wunderbar. Abends das Konzert Open-Air vor knapp 500 Zuschauern – ein rundum gelungener Tag, finde ich.
In der Nacht hat Christiane noch Shane Connolly vom Frankfurter Flughafen abgeholt, einen schottischen Puppenspieler, der extra für das Projekt von der Insel zu uns gekommen ist und uns drei Wochen lang begleiten wird. In der Nacht auch die erste Neonazi-Mail, in der seitenlang über den todbringenden fremdvölkischen Menschenmüll philosophiert wird. Früh morgens treffen wir uns alle an den Flößen – auch die Wasserschutzpolizei ist wieder da, zur nächsten Ispektion. Christof und Maike, die die Flöße fahren, erklären, zeigen, verhandeln – alles jut, wir können erstmal weiterfahren. Ich werde heute wieder nicht können. Zum einen die Organisationslawine – von 9 bis 13 Uhr bekomme ich allein 72 Anrufe, Sabine, die Koordinatorin etwa die gleiche Anzahl, dann helfe ich Shane noch Material für seine Puppenshow zu kaufen, dann wartet auch noch der Termin fürs Nachmittagsprogramm. Das soll diesmal nicht im Lager stattfinden, sondern draußen, im Kirchenvorplatz in Vach (übrigens einem Fürther Stadtteil mit einer großen Neonazi-Szene) – schade, denn wie es sich später herausstellt, ist das Vacher Flüchtlingslager heruntergekommen, schimmlig, in allerschlechtestem Zustand und wir realisieren leider zu spät, das dieses Verlagern des Auftritts auch dazu diente, das Lager nicht zu sehen. Eine tolle Üebrraschung sind La Madame und ihre Clownsfreunde, die plötzlich da sind, um uns zu unterstützen und das ganz wunderbar tun. Zu den Flüchtlingskindern und -Eltern gesellen sich auch deutsche Kinder. Shane packt zum ersten Mal seine Puppen aus – alle sind verzaubert! Schön, die Kinder so lachen zu sehen. Die Kofferfabrik spendet uns 24 Essen, weil sich das Cateringteam verspätet hat, das Konzert abends ist gut besucht. Auch in Fürth läuft das Projekt erfolgreich an, wenngleich es mich ärgert, nicht wirklich das Vacher Lager thematisieren zu können.
Großes Treffen am Sportboothafen in Nürnberg: viele Flüchtlngsfrauen von women-in-exile e.V., das Filmteam, die Flossbauer, Unterstützer und Unterstützerinnen – ein 50köpfges Team gleich zu Beginn. Das fühlt sich gut an. Dazu die wunderschönen Flöße „Carl“ und „Peter“ – urdeutsche Jungs aus echten fränkischen Kiefern, auf deren breiten Rücken die Flüchtlingsfrauen über die Flüsse getragen werden sollen. Allerdings Regen und leider auch eine Viertelstunde vor Abfahrt überraschende neue Auflagen, die uns die Wasserschutzpolizei vermittelt: plötzlich muß eine Funkanlage her und eine zweite Person mit einer Binnenfunk-Lizenz und ein viel größeres Beiboot mit mind. 30-PS-Motor. Uff. Schock. – Aber Herr Rosenegger vom Wasserwirtschaftsamt zeigt Verständnis und gewährt uns Aufschub: die Flöße können erstmal fahren! Das Lagerprogramm ist so lala – Filmteam sagt den Dreh ab, weil die überstrengen Auflagen das Filmen kaum möglich machen. Der Clown, den wir händeringend in letzter Minute noch gefunden haben, sorgt für ein bißchen Buntheit zwischen den grauen Betonquadern, es regnet – und die Verständigung klappt. Die uns begleitenden Flüchtlingsfrauen Bethy, Fatuma, Rosa, Carolin, Dama und andere finden Gesprächspartner, informieren sich, während die Lagerverwaltung Geschichten darüber erzählt, wie gut es die Flüchtlinge haben. Ich entferne mich, weil ich diese ganzen Lügenmärchen nicht ertrage, Streit aber sinnlos ist.
Das Konzert am Abend ist gut besucht – neben dem Strom&Wasser-Team treten noch Carolin und Dama und Djamila mit wunderbarem afrikanischem Temperament auf. Ein gelungener erster Tag.