29.07. Reutlingen

2014-07-29 Tuebingen - 15

Das Reutlinger Lager ist mir wohlbekannt. Hier hat Sam damals gewohnt, einer der Refugee-Musiker, mit denen wir zwei Jahre lang unterwegs waren. Überfüllt, dreckig,heruntergekommen, Zimmer, die sich im Sommer auf 35 Grad aufheizen und nicht gelüftet werden können, da die Fenster in Innenhöfe ohne Luftzug gehen. Die Landrätin reagiert allergisch auf unsere Anfrage, verbietet das Kinderprogramm, wir weichen daraufhin in einen Gemeindesaal aus, erreichen aber dadurch natürlich deutlich weniger Kinder und Familien. Für Shane, Jens und Heike sind allerdings geschlossene Räumlichkeiten eine deutliche Arbeitserleichterung. Sabine und ich nutzen die Zeit zu einem Koodinierungsgespräch mit Women in Exile – eine gute Kommunikation ist bei einem Projekt mit so vielen Beteiligten das A und O. Ich empfehle den Flüchtlingsfrauen, dennoch das Lager zu besuchen, mich selbst werden sie da wohl nicht mehr reinlassen, aber die Flüchtlingsfrauen werden bei einer ohnehin überfüllten großen Einrichtung vermutlich ganz ungehindert ihre Landsleute besuchen können.

Abends dann das schöne Konzert im gut gefüllten Franz K. Beruhigend, dass mittlerweile zumindest die Konzerte gut laufen. Von den Flößen erreicht mich die Nachricht, dass Maurice, ein Schreiner aus Bonn, eingetroffen ist, um die defekten Bodenplatten des Schlauchboots zu reparieren. Das Wetter allerdings bleibt regnerisch und das Hochwasser am Rhein steigt. Weiterlesen ›

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28.07. Tübingen

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Das Lager in Weilheim in der Nähe von Tübingen befindet sich in einem erschreckend heruntergekommenen Zustand, schmutzig, beinahe baufällig, lieblos, kalt – der Gedanke, dass hier Familien mit Kindern jahrelang leben müssen macht schwermütig. Mir fällt ein, dass das deutsche Tierschutzgesetz jedem Hund eine Lebensfläche von mindestens 8 Quadratmetern zugesteht, dass aber Flüchtlinge in Bayern 5,5 und Flüchtlinge in Baden Würtemberg einen Anspruch auf 3,4 Quadratmeter haben. Ob sich das unter der neuen Regierung geändert hat? Ich bin nicht auf dem neusten Stand, aber wenn ich das hier sehe und wenn ich an morgen in Reutlingen denke – ich glaube nicht…

In Tübingen dann von Professor Wertheimer angeregt eine nachmittägliche Diskussion im Hölderlinturm, an der Betty von Women in Exile, Fatuma und ich teilnehmen, außerdem noch Professor Wertheimer als Moderator, Andreas Linder vom Flüchtlingsrat Baden-Würtemberg und ein weiterer Professor, dessen Namen ich leider vergessen habe. Eine gute Diskussion, finde ich – weil sie weit über die üblichen Fragen hinausgeht. Sehr gut auch die präzise und klare Information von Andreas Linder und das kämpferische Credo von Betty und Fatuma. Dann atemlos weiter ins Sudhaus, wo die Heinrich Böll Stiftung eine Ausstellung mit Bildern von Flüchtlingsfrauen organisiert hat. Kurz essen und schon geht das Bühnenprogramm los. Leider fängt es kurz davor an zu schütten wie nichts Gutes und wir hören später, dass viele auf dem Weg in den Club wieder umkehren mussten, bzw. die überfluteten Strassen ein Vorwärtskommen unmöglich gemacht haben. Dennoch ist das Sudhaus ganz gut gefüllt. In der Pause rauschen rechts und links Sturzbäche aus dem Wald auf den Parkplatz und wir haben alle Angst um unsere Autos, noch mehr aber um den Hochwasserstand des Rheins, denn der Neckar wird all das Wasser in Richtung Flöße tragen und wir dürfen nur bis zu einem Pegelstand von 3,60 Meter fahren.

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27.07. Mainz

2014-07-27-Mainz-Titel

Eigentlich wollte ja die Integrationsministerin aus Rheinland-Pfalz mit einem Scheck über 500.-€ heute kommen und uns begrüßen, aber weder der Scheck noch die Ministerin kommen – stattdessen empfängt uns die Flüchtlingsinitiative SAVE ME mit einem tollen Nachmittagsprogramm – Kaffee und Kuchen an einem Wasserspielplatz in der Nähe des Flüchtlingslagers – denn im Lager selbst dürfen wir nicht. Trotz umfangreicher Bemühungen. Daher doppelt schade, dass die Ministerin nicht kommt, wäre doch interessant gewesen, ob sie auch nicht gedurft hätte? Shane hat Verstärkung von einer hiesigen Puppenspielerin, Heike, und gemeinsam mit Jens verzaubern sie die vielen Kinder. Weiterlesen ›

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26.07. Hanau

2014-07-26 Hanau

In Hanau, das weiß ich von früheren Aktionen, sind rund um Christine und Marion wirklich tolle Leute für Flüchtlinge in unermüdlichem Einsatz, das zeigt sich auch diesmal – denn obwohl alle überlastet sind durch konkrete Aktionen auch rund um den Frankfurter Flughafen herum, der ja durch das Mitwirken der hochbezahlten Lufthansapiloten Abschiebeort Nummer eins ist (übrigens, liebe Piloten, warum weigert ihr euch nicht einfach, Flüchtlinge zurück in Kriegsgebiete und Folterdiktaturen zu fliegen? Das wär doch mal was. Ohne eure Zustimmung und blindes Wegsehen würde diese Abschiebepolitik nicht funktionieren…!!!) – stellen sie doch ein schönes Fest im Hans-Böckler-Haus auf die Beine. Am Nachmittag erhalten wir noch großartig Unterstützung von einer Gruppe junger Artisten, die zur Zeit in der Sommerwerft in Frankfurt ihre Show geben und sich spontan angeboten haben, mitzuhelfen. Das Nachmittagsprogramm findet in einem Spielplatz in einem von vielen Romafamilien bewohnten Stadtviertel statt, und bald schon sind nicht nur die Kinder, sondern auch viele Jugendliche mit den Artisten zu Gange, jonglieren, balancieren, üben alle Arten von Handständen und dann springt auch noch Jens mit seinem wilden Clownstheater unter sie – Klasse! Die Flöße, die schon gestern hier waren und schonmal weiter nach Frankfurt sind, nutzen die Liegefläche direkt am Mainufer an der Sommerwerft, um zwei Tage zu liegen, nach den langen Fahrten auszuruhen und beschließen, an den Theateraufführungen Abend das Projekt zu erklären und nochmal Spenden zu sammeln für die stark angeschlagene Spendenkasse. Weiterlesen ›

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25.07. Frankfurt

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Oberursel – eins der schlimmsten Lager in Deutschland. Ein halbes Dutzend Mal war ich schon dort, jedes Mal mit Beklemmung hingekommen, mit Beklemmung weggegangen. Ein beschämendes unmenschliches Containerlager im reichsten Landkreis Hessens. Die Landrätin verbietet das Kinderprogramm im Lager: es sei kein geeignetes Zimmer vorhanden. Macht nichts, sage ich, wir können es im großen Innenhof machen. Nein, das ginge nicht. Dann seien die Persönlichkeitsrechte der Flüchtlinge nicht gewährleistet. Das kann ich nicht begreifen. Wer nicht rauswill, kann ja in seinem Zimmer bleiben, entgegne ich und außerdem ist das ein Kinderprogramm, lebensfroh, bunt, zum Lachen. Das sei völlig unsinnig, erwidert sie, es gäbe keine Kinder in Oberursel. Als wir dann nachmittags hinfahren, um das Programm vor der umzäunten Unterkunft stattfinden zu lassen, stellt sich heraus, dass hier zwölf Kinder leben. Eine dreiste Lüge also, liebe Frau Landrätin! Die Flüchtlingshilfegruppen bringen noch weitere Kinder, Erwachsene kommen mit raus, es ist ein wunderschönes kleines Fest und von Persönlichkeitsrechtsverletzungen redet niemand. Weiterlesen ›

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24.07. Schweinfurt

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Am Nachmittag ist ein kleiner Empfang – Spielplatzeinweihung im Flüchtlingsheim. Unser Nachmittagsprogramm soll Teil des Festes werden. Der Oberbürgermeister ist da, hält eine feierliche Rede und verschwindet sofort (ich habe übrigens noch nie erlebt, dass ein OB länger als 5 Minuten nach seiner Rede noch dageblieben wäre – und wir haben fürwahr viele OBs kennengelernt in den letzten Jahren). Alle sind stolz und glücklich, dass nach 5 jähriger Planung eine kleine Rutsche und ein Trampolin vor der Unterkunft stehen – mich aber macht das nachdenklich: eine Rutsche und ein Trampolin stehen in jedem schickeren Garten, zumindest in den besseren Stadtvierteln – darauf ist die Stadt so stolz? Damit schmückt sie sich gegenüber anderen Städten? Spricht das nicht Bände, wie wenig überhaupt getan wird, nämlich nahezu nichts, wenn man auf eine solche Kleinigkeit schon so stolz ist? Weiterlesen ›

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23.07. Bad Kreuznach

Bad Kreuznach - Fluchtschiff Titel

Der dritte Tag in Folge ohne die Flöße. Er führt uns nach Bad Kreuznach, also nach Rheinland-Pfalz, wo es nur noch wenige Sammelunterkünfte gibt, sondern die viel humanere Politik betrieben wird, die es Flüchtlingen gestattet und ermöglicht, in Wohnungen zu leben. Daher haben wir für das Nachmittagsprogramm einen Spielplatz in einem Stadtteil gewählt, ins dem viele Flüchtlingsfamilien, vor allem Roma, leben. Auch Women in Exile treffen ein, was uns Gelegenheit gibt, über die aktuelle Situation zu sprechen und gemeinsam zu überlegen, wie man wieder mehr Flüchtlingsfrauen auf die Flöße und ins Team holen kann. Tameru ist ja nun leider nicht mehr dabei, da er keine Reisegenehmigung von den Fürther Behörden bekommen hat und auch Dama muss für ein paar Tage zurück nach Potsdam. Aber dafür sind ein paar junge Unterstützerinnen gekommen, die Kinderschminken anbieten und Shane kann aus dem Vollen schöpfen. Das Konzert abends ist in einem alten Gewölbekeller in Bad Kreuznach, Siggi Pick, der hier eine hervorragende Flüchtlingsarbeit macht, hat uns eingeladen, es sind viele Flüchtlinge gekommen, u.a. auch unbegleitete jugendliche Flüchtlinge aus Niederwörrisbach, von denen zwei junge somalische Mädchen später auf die Bühne gehen und singen. Überraschenderweise auch Mike aus Malaisia, ein alter Bluesrocker – und natürlich Akram mit ihren wunderschönen melancholischen iranischen Kompositionen. Am meisten freut uns aber, dass die somalischen Mädchen versuchen wollen, Anfang August ein paar Tage mit den Flößen mitzufahren. Weiterlesen ›

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22.07. Fulda

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Für das Nachmittagsprogramm werden aus den verschiedensten Unterkünften Flüchtlingskinder an einen neutralen Ort gebracht – Shane ist heute wieder alleine, aber er ist ja ein Meister im Improvisieren und kann sein Programm mühelos verlängern. Arne begleitet ihn feinfühlig am Akkordeon – die leuchtenden Augen der Kinder sagen genug – mehr und mehr finde ich diesen stillen, ganz öffentlichunwirksamen Punkt unseres Programms am vielleicht wichtigsten – die Tristess des Lagerlebens muß für Kinder das reinste Gift sein – die Buntheit des Puppenspiels trifft hier auf einen großen Durst nach Farbe, Geschichten, Phantasie… Man sollte einen großen Aufruf an Gaukler, Clowns, Puppenspieler starten, eine solche Tour zu wiederholen – aber ich bremse mich: man kann nicht während eines solchen Projekts schon das kommende planen. Weiterlesen ›

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21.07. Seligenstadt

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Drei Tage sind wir nun ohne die Flöße unterwegs, weil es auf der Strecke Würzburg-Aschaffenburg entweder kein Interesse an unserem Projekt oder aber zu wenige Unterstützer gab, um sinnvolle Aktionen zu bestreiten. Daher haben wir uns entschlossen, andere Interessenten einzubeziehen, auch wenn sie fernab von den Lagern sind. In Seligenstadt / Hainburg zum Beispiel, wo man uns wundervoll empfängt – obwohl das Flüchtlingsheim natürlich wiedermal schon von Außen einen sehr traurigen Eindruck macht. Der Hausmeister hat sich geweigert, uns für das Kinderprogramm einen Raum zur Vefügung zu stellen und ist, nachdem ihn Susann – die hier vor Ort eine tolle Flüchtlingshilfearbeit macht – darüber aufklärt, dass wir eine hochoffizielle Genehmigung haben, plötzlich mitsamt Schlüssel verschwunden und nicht mehr erreichbar. So führen wir also unser Programm im Innenhof auf. Tameru musste zurück nach Fürth – der Beamte dort erklärt uns am Telefon, er sähe weder die Notwendigkeit von Tamerus Teilnahme noch die Notwendigkeit eines solchen Projekts überhaupt. Daher keine Reisegenehmigung, daher nur Shane und seine Puppen. Bald haben sich die Kinder, aber auch viele Erwachsene versammelt und staunen über Shanes Puppenkunst. Ich finde großartig, dass er nicht versucht, über spektakuläre, schrille Szenen die Menschen zu begeistern, sondern auch ganz verträumte und sanfte Geschichten mit seinen Puppen erzählt. Was für ein Kontrast zu der ernüchternden heruntergekommen Lieblosigkeit der Flüchtlings“heime“ (ich bleib lieber beim Ausdruck „Lager“, denn ein „Heim“ ist ja ein Ort, in dem man zumindest die Chance hat, sich heimisch zu fühlen. Das ist in diesen Gebäuden so gut wie nie der Fall!). Weiterlesen ›

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20.07. Würzburg

Heinz Ratz

Es sollte ein Tag voller Kontraste werden. Ein toller Empfang durch die Würzburger Studenten, ein gut gefüllter Konzertkeller – auch das Nachmittagsprogramm in der riesigen, streng gesicherten Gemeinschaftsunterkunft, in die man nur durch Abgabe des Personalausweises hineinkommt, ist sehr erfolgreich – aber auch der erste heftige Rückschlag durch den personellen Einbruch der uns begleitenden Women-in-exile-Gruppe. Zum einen laufen die nur auf wenige Tage begrenzten Reisegenehmigungen für die in bayrischen Flüchtlingslagern lebenden Frauen aus, zum anderen erkrankt Carolin, die keniatische Sängerin und muß nachts sogar in ein Würzburger Krankenhaus gebracht werden. Desweiteren winkt Women-in-Exile SOS, weil keine Fahrer mehr für ihren Tourbus da sind. Das alles führt dazu, dass plötzlich die Flöße unterbesetzt sind – erst müssen Luca und ich hin, damit die Floßfahrer Christof und Maike nicht ganz allein reisen (was verboten wäre), danach kommen Rebecca und Shane zur Ablösung, damit wir noch rechtzeitig zum Konzert kommen. Der Bayrische Rundfunk kommt aber trotz der Unterbesetzung mit aufs Floß und berichtet, aber ich ahne schon, dass der angekündigte große Pressebesuch für die nächsten Tage gefährdet ist, wenn die Journalisten nur auf leere Flöße treffen. Abends geben wir auf dem Konzert die Notsituation durch, es findet sich ein Würzburger Medizinstudent, der sich als Fahrer anbietet, es finden sich auch ein paar solidarische Studentinnen, die auf die Flöße mitwollen – aber leider schrumpft die Gruppe an Flüchtlingsfrauen auf drei zusammen und beschließt, am kommenden Tag weder auf die Flöße, noch mit ins Lager zu kommen, weil das durch die personelle Situation nicht mehr zu bewältigen sei. Wir beraten, planen, koordinieren, aber es lässt sich nicht ändern – ich laufe noch schnell zur Bank, um die zweiundhalbtausend Euro für das Beiboot abzuheben und Marike mitzugeben, die damit um neun Uhr morgens in Speyer sein muß, und lege mich mit einem Stoßseufzer ins Bett. Zum Glück ist man nach einem solchen Tag viel zu müde, um sich Sorgen zu machen, man schläft einfach, träumt was Nettes und wacht dann gut gelaunt und voller Energie wieder auf.

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Spendenkonto

Verwendungszweck: „Fluchtschiff-Projekt“
Bank: Förde Sparkasse
BLZ: 21050170
Konto: 91054684
IBAN: DE30210501700091054684
BIC: NOLADE21KIE
Kontoinhaber: Heinz Ratz